Neue Suchmaschine »Yep« beteiligt Website-Betreiber an Werbeeinnahmen
Autor: Nicolas Perez-Diehl • Veröffentlicht: 12.06.2022
Die neue Web-Suchmaschine Yep möchte Google mit einem innovativen Konzept in Bedrängnis bringen. Im Juni 2022 ist yep.com mit einer Beta-Version gestartet.
Wer und was genau dahinter steckt, erfährst Du in diesem Beitrag.
Geschichte & Idee hinter Yep
Dmytro Gerasymenko (Gründer und CEO vom bekannten SEO-Tool Ahrefs) kündigte im März 2019 über Twitter an, eine Suchmaschine bauen zu wollen, die in direkter Konkurrenz zu Google stehen soll:
Wenn man bedenkt, welche Marktmacht Google hat, scheint das Vorhaben von Gerasymenko tatsächlich „crazy“ zu sein…
Allerdings unterscheidet sich yep.com in einem Punkt sehr deutlich von den anderen Konkurrenten wie Bing, Yahoo oder auch DuckDuckGo:
Die Suchmaschine möchte 90% der Einnahmen, die über Anzeigen generiert werden, an die Betreiber von Webseiten und Blogs ausschütten.
Gerasymenko ist überzeugt, dass solch ein „Profit-Share-Modell“ das Internet zu einem besseren Ort machen würde.
In erster Linie soll dadurch die Qualität der Inhalte angehoben werden.
Als Referenz nennt er die Video-Plattform YouTube, die bereits auf ein solches Profit-Share-Modell setzt. Video-Produzenten erhalten hier einen Teil der Werbeeinnahmen und können (ab einer gewissen Reichweite) durchaus gut davon leben.
Warum sollte man dieses System also nicht auch auf das „normale“ Internet anwenden?
Website-Betreiber wären dann nicht mehr auf Werbung oder Partnerschaften angewiesen, um mit der eigenen Website Geld zu verdienen.
Um ein besseres Gefühl dafür zu bekommen, welche enormen (positiven) Auswirkungen ein solches Modell auf das Internet haben würde, schlägt Gerasymenko vor, sich einmal vorzustellen, was passieren würde, wenn Google plötzlich 90% der Werbeeinnahmen an Content-Creator ausschütten würde…
Laut Statista lagen die Werbeeinnahmen von Google im Jahr 2021 bei 209,5 Milliarden US-Dollar. Zieht man davon 10% ab, bleiben sage und schreibe 188,55 Milliarden US-Dollar übrig.
In einer imaginären Welt könnte z.B. Folgendes passieren:
- Wikipedia könnte sich problemlos finanzieren und wäre nicht mehr auf Spenden angewiesen.
- Zeitungen und Magazine könnten auf Paywalls und Abo-Modelle verzichten.
- Produktvergleiche wären objektiver, wenn man nicht auf Provisionen (Affiliate-Marketing) angewiesen wäre.
- Webseiten müssten Ihre Inhalte nicht mehr mit Werbebannern und lästigen Pop-Ups zukleistern.
Google als Content-Dieb
Was das ganze laut Gerasymenko noch problematischer macht, ist die Tatsache, dass Google in den letzten Jahren mehr und mehr dazu übergeht, fremde Inhalte bereits in den Suchergebnissen anzuzeigen (z.B. in Form von Featured-Snippets):
Wenn die Fragen der Nutzer bereits in den Suchergebnissen angezeigt werden, sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass der Nutzer dann noch auf die Website klickt.
Und wenn der Nutzer nicht auf die Website klickt, kann er auf der Website auch nicht auf eine Werbeanzeige klicken, die dem Website-Betreiber Geld einbringen würde.
Die Tatsache, dass Google also mit fremden Inhalten (indirekt) Geld verdient und die Website-Betreiber leer ausgehen, ist für das Team von yep.com ein weiterer Motivationstreiber.
Privatsphäre
Neben dem Profit-Share-Modell möchte man es bei yep.com auch in Sachen Privatsphäre und Datenschutz besser machen als Google.
Die Yep-Suchmaschine sammelt keine persönlichen Daten und speichert weder den Suchverlauf noch die IP-Adresse des Nutzers.
Darüber hinaus werden standardmäßig keine Cookies gesetzt.
Ein weiterer großer Vorteil von Yep:
Da man auf einen eigenen Seiten-Index und einen eigenen Webcrawler (YepBot) setzt, werden keinerlei Daten an einen Drittanbieter weitergeleitet.
Dies ist z.B. bei sogenannten Proxy-Suchmaschinen der Fall, die über keinen eigenen Suchalgorithmus verfügen (u.a. Ecosia oder Startpage).
Hier noch ein Einblick in die Privatsphäre-Infos von Yep:
Die Erfolgschancen von Yep
Ich persönlich glaube, dass die Erfolgschancen für die Yep-Suchmaschine gar nicht mal so schlecht stehen.
Das hat drei Gründe:
1. Viel Erfahrung und noch mehr Geld
Die Yep-Suchmaschine wird vom Ahrefs-Team gebaut, das über sehr viel Erfahrung im Bereich der Internetsuche verfügt und weiß, wie man eine erfolgreiche Software baut.
Darüber hinaus handelt es sich nicht um ein kleines Start-Up, sondern um ein sehr erfolgreiches SaaS-Unternehmen, das laut einem TechCrunch-Artikel fähig ist, mal eben 60 Millionen US-Dollar in die Entwicklung einer Suchmaschine zu stecken.
2. Ein eigener Webcrawler
Für den Betrieb des SEO-Tools hat man einen eigenen Webcrawler mit dem Namen „AhrefsBot“ entwickelt, der das Internet 24 Stunden am Tag durchforstet (ähnlich wie der GoogleBot).
Auf diesen Bot bzw. auf die unglaublich große Datenbank wird auch die Yep zurückgreifen.
Laut Cloudflare belegt der AhrefsBot weltweit den 4. Platz der aktivsten Crawler:
Bereits zum Start ist also davon auszugehen, dass Yep annehmbare Suchergebnisse ausliefern kann.
Außerdem macht man sich durch einen eigenen Index von Drittanbietern unabhängig.
3. Ein einzigartiges Konzept
Der mit Abstand wichtigste Punkte ist meiner Meinung nach aber schlichtweg das innovative Konzept, das hinter Yep steht.
Keine andere Suchmaschine hat die Idee des Profit-Sharing bislang aufgegriffen.
Dies könnte dafür sorgen, dass die Suchmaschine von großen Content-Anbietern (die von dem Modell profitieren würden) Unterstützung erhält.
Dazu gehört z.B. Wikipedia aber auch große Zeitungen und Magazine.
Außerdem könnte das Projekt auch von großen Tech-Konzernen Unterstützung erhalten, um Google gemeinsam unter Druck zu setzen.
In einem Artikel auf medium.com schreibt Dmytro Gerasymenko:
„Our ultimate goal: Attract the attention of larger companies like Microsoft who can afford to bring the idea to scale. […] If we succeed in our endeavors, Google will finally get some long overdue competition for search.“
Aktueller Stand
Seit Juni 2022 ist die Beta-Version verfügbar.
Die Suchergebnisse sind (so wie man das auch von allen anderen Suchmaschinen kennt) sehr übersichtlich gestaltet:
Auf praktische Inhaltsauszüge, wie man sie von Google kennt, muss man hier natürlich verzichten.
Insgesamt ist die Qualität der Suchergebnisse meiner Meinung nach leider noch nicht auf dem Level von Bing (den Vergleich mit Google spare ich mir).
Um den Nutzern zu helfen, gibt es eine kleine Schaltfläche, die nach dem dritten Suchergebnis angezeigt wird.
Mit einem Klick kann man hier wahlweise zu Google, Bing, Mojeek oder DuckDuckGo wechseln:
Anzeigen werden derzeit noch nicht geschaltet.
Damit möchte man laut eigener Aussage warten, bis die Qualität der Suchergebnisse den eigenen Erwartungen entspricht.
Fazit
Das Profit-Sharing-Modell von Yep ist innovativ und (im Bereich der Internet-Suchmaschinen) einzigartig.
Solange die Qualität der Suchergebnisse zumindest mit Bing mithalten kann, stehen die Chancen meines Erachtens nicht schlecht, dass die Suchmaschine durchaus Anklang finden wird.
Es bleibt abzuwarten, ob bzw. inwiefern große Content-Anbieter die junge Suchmaschine in ihrem eigenen Interesse unterstützen.
Weiterführende Quellen:
- SEO tool Ahrefs invests $60M in building creator-friendly search engine, ‘Yep’ von Haje Jan Kamps (techcrunch.com)
- Investor money vs. public interest: did Google fail to build a non-evil platform? von Dmytro Gerasymenko (medium.com)